#9 Lofoten – Vesterålen – Tromsø

Weiter gen Norden ...


Lofoten – Vesterålen – Tromsø (1.216 km)
6.–10.8.2017



Die Lofoten sind als Reiseziel heiß begehrt. Es ist schlichtweg voll hier. Die Landschaft ist und bleibt aber trotzdem einzigartig und absolut beeindruckend, manche Dörfer sehen aus wie aus dem Bilderbuch.


Also irgendwie verständlich, dass Menschen aus aller Welt sie sehen wollen. Dennoch stellen wir für uns fest, dass wir hierher nur noch in der Nebensaison fahren würden.

Letztendlich sind wir ja auch nicht anders als alle anderen und haben unser Sightseeing-Programm: Sonntagmorgen besuchen wir Nusfjord. An der schmalen Zubringerstraße steht  in jeder Straßenbucht ein Camper, manche zelten dort sogar. Tatsächlich bekommen wir noch einen der wenigen Parkplätze im Ort. Viele gibt es in Nusfjord wirklich nicht. Und auch sonst ist noch nicht allzu viel los.

Im Dorf sind einzelne Gebäude zum Museum umfunktioniert und es gibt einiges über das Leben der Fischer zu erfahren. Dazu wieder die fantastischen Berge drumherum. Kurz vor dem Örtchen reißt sogar der Himmel wieder auf und alles präsentiert sich in schönem Licht.









































Die typischen roten Holzhütten auf Stelzen werden „Rorbuer“ genannt. Früher haben darin minimalistisch die Fischer gelebt. Heute werden sie gern von einer anderen Spezies Mensch bewohnt: den Touristen. Aber nicht mehr minimalistisch. Sie stehen von einfach bis gehoben ausgestattet zur Verfügung.







Irgendwie trifft man auch die gleichen Leute immer wieder. Ein junger Japaner, der mit uns auf der Fähre war und Walli gestreichelt hat, läuft uns hier zum dritten Mal über den Weg. Gestern haben wir ihn in Reine getroffen, Walli hat sich sogar gefreut, als sie ihn gesehen hat. Und er hat freudig gerufen: „Hey, she knows me ...“

Als wir Nusfjord verlassen, kommen uns einige Wohnmobile und sogar ein Reisebus entgegen. Wo die wohl noch parken wollen?

Weiter fahren wir nach Balstad, das uns kürzlich empfohlen wurde. Aber wir finden es jetzt nicht so prickelnd. Darum geht es schnell zurück in den westlicheren Teil, wo wir eine Wanderung zur Kvalvika Bucht machen. Auf dem zu überquerenden Pass ist es kalt und windig. Der Himmel ist leider wieder vollkommen bedeckt, die Bergspitzen sind hinter dichtem Nebel verschwunden. So können wir nur erahnen, wie schön es hier sein kann.





Abendidylle im Campingbus ... Platz ist in der kleinsten Hütte.



Montag geht es gleich am Morgen zum 500-Einwohner-Örtchen Henningsvær. Auch nur über eine schmale Straße und noch zwei einspurige Brücken erreichbar. Die kleine Ortschaft hat originalen Lofotenflair, heißt es. Neben dem Tourismus als Einnahmequelle wird hier auch noch in althergebrachten Berufen gearbeitet: Boote werden hergerichtet, es gibt noch aktive Fischer, immer wieder sind die Holzgestelle für den Stockfisch zu sehen.

Das über mehrere kleine Inseln verteilte und mit Brücken verbundene Dorf ist fast komplett von Wasser umgeben, ein breiter Damm schützt den Hafen mit seinen Speicherhäusern.









Temperatur beachten!





Freies Zelten auf dem Fels ...







Lustige Deko im Kletterladen ... die Felsen rund um Henningsvær sind anscheinend bei Kletterern besonders beliebt. Eine Kletterschule hat es hier auch.



Im Winter sind die Lofoten auch bei Skitourern und Freeridern beliebt. Hier der einschlägige Tourenführer. Was ich aber so gehört habe, sind die Bedingungen nur selten wirklich gut.





Und wen treffen wir in Henningsvær? Den oben erwähnten jungen Japaner. Hab ihn gleich gefragt, wo es morgen hingeht: für ihn geht’s nach Narvik. Für uns nicht …

Nächster Stopp ist Svolvær, da hat es immerhin rund 4.300 Einwohner. Und ist damit auch die größte Ortschaft auf den Lofoten. Schön ist was anderes, muss man sagen. Hier halten  wir uns nicht lange auf.

Die Lofotenkathedrale bei Svolvær (aufgenommen am nächsten Morgen, darum plötzlich blauer Himmel) ...









Den ganzen Tag über ist der Himmel dick verhangen, die Temperaturen steigen knapp an die 14 °C, immer wieder schauert es.

Wir übernachten auf einem Camping in der Nähe, wo es die speziellste Entsorgungsstation für Chemietoiletten gibt, die ich bislang in fast 40 Jahren Camping gesehen habe: eine in den Boden eingelassene Toilette samt Deckel.



Zu unserer Überraschung ist der Platz am Abend bei Weitem nicht voll belegt. Das haben wir schon lange nicht mehr erlebt! Erst recht nicht hier auf den Lofoten. Und das, obwohl er zum fairen Preis die mit Abstand besten Sanitäranlagen bietet.

Mit der Fähre Fiskebøl – Melbu verlassen wir die Lofoten. Wieder bei schönstem Sonnenschein, wie bei unserer Ankunft. Nun sind wir auf den Vesterålen, die aus vier Hauptinseln bestehen: Hadseløya, Langøya, Hinnøya und Andøya.















Achja, wen sehen wir, als wir von der Fähre fahren: unseren japanischen Freund! Obwohl es hier nicht direkt nach Narvik geht ...

Der Reiseführer sagt, dass man auf den Vesterålen auch in der Hochsaison eine Ruhe genießen kann, die es auf den Lofoten so nicht mehr gibt. Das scheint wirklich zuzutreffen. Auf der Fahrt sehen wir deutlich weniger Wohnmobile und Wohnwagengespanne als auf den Lofoten. Verkehr ist hier quasi keiner vorhanden. Und auch wenn die steilen Bergwände hier nicht ganz so dramatisch ins Meer stürzen, hat die Landschaft definitiv ihren Reiz. Es scheint, als ob alles einen entspannteren Eindruck macht.





Auf unserer Fahrt würde ich am liebsten alle paar Kilometer anhalten, um ein Foto zu machen: erst ein wunderschön mit Blumen dekoriertes, knallrotes altes Fahrrad im Vorgarten, dann große, wohl selbst gemachte Holzfiguren, später eine mit Strandgut geschmückte Holzhütte. Aber leider kann – oder darf – ich
nicht immer stoppen, wir würden ja kaum vorankommen.

Wir durchqueren Stokmarkness: Hier hat der Kapitän Richard Withs 1893 den ersten, ganzjährig betriebenen Schiffsliniendienst des Landes gegründet. Heute bekannt als „Hurtigruten“.

Die Fahrt führt uns direkt in den Norden von Andøya nach Bleik, einem alten Fischerdorf. So haben wir alle Hauptinseln zumindest gestreift. Und irgendwie möchte ich einfach hierher. Außerdem ist Andenes nur wenige Minuten entfernt, von wo aus mit der Fähre nach Senja übergesetzt werden kann. Noch sind wir uns aufgrund der Wettervorhersage nicht sicher, ob wir sie nehmen.

Nein, wir haben uns nicht verfahren ...



In Bleik angekommen ist es zwar kühl und windig, aber noch scheint die Sonne. Also Auto abstellen und erst mal einen schönen Strandspaziergang unternehmen. Die Nacht verbringen wir hier, soviel ist klar.







Sieht nicht so aus, aber 13 °C Wassertemperatur sind schon eine Ansage!











Sogar einen kleinen Golfplatz hat es hier ...



Rechts die Vogelinsel vor Bleik, auf der auch Papageientaucher heimisch sind ...



Zimmer mit Aussicht ...



Am nächsten Morgen sehen wir nicht viel. Nebel, Nieselregen, kalt = ungemütlich! Lädt zum Verweilen nicht ein. Bei besserem Wetter wären wir gerne noch einen Tag geblieben und gewandert. So machen wir alles startklar und fahren den Rest von Andøya ab. Trotz des windstillen Wetters und der ruhigen See nehmen wir nicht die Fähre von Andenes nach Senja. Wir entscheiden uns für den Landweg.

Die Fahrt verläuft trotz des durchgehend schlechten Wetters flott und wir sind schon am Nachmittag in Tromsø, womit wir nie gerechnet hatten. Eigentlich war eine Nacht irgendwo auf halber Strecke einkalkuliert. Aber so, umso besser!

Am Abend begrüßt uns ein toller Sonnenuntergang, der gegen 22:23 Uhr stattfindet. Am nächsten Tag wird die Sonne schon um 22:17 Uhr untergehen. Die Tage werden im Moment in großen Schritten kürzer. Aber richtig dunkle Nacht wird es noch für eine Weile nicht werden.





Tromsø: das sind über 70.000 Einwohner in der Region, davon etwa 50.000 alleine im Stadtbereich. Etwa 10.000 davon sind Studenten, welche das Stadtleben in der Universitätsstadt entsprechend prägen. Tromsø wird auch das „Tor zur Arktis“ oder „City of Northern Lights“ genannt. Mit etwa 700 registrierten Trawlern ist hier Norwegens größter Fischereihafen. Die Zukunft liegt aber im Offshore-Bereich: seit der Entdeckung großer Erdgas-Felder vor der Küste nimmt die wirtschaftliche Bedeutung der Stadt weiter zu.

Ein Stück in Richtung des Hausbergs Fløya gewandert – und es bietet sich ein schöner Blick ...



Kreuzfahrtschiffe kommen auch gerne vorbei und spucken ihre Passagiere für Tagesbesuche aus ...





Die Tromsøbrua über den Tromsesund mit Eismeerkathedrale ...



Skispringen fast an der Waterkant ...









Roald Amundsen und das Polarmuseum ...





In Tromsø sind die Elche blau ...



Ganz oft sind die schönen, klassischen Holzhäuser zu sehen. Neubauten müssen aus Brandschutzgründen aus Stein oder Metall gebaut werden, dürfen aber noch eine Holzfassade haben.







Der frühere Walfänger Polstjerna im verglasten Trockendock ...



Zum Nachdenken: ein stilisierter Wal aus Meeresmüll wie Plastikbojen und Reifen ...



Das Polaria-Museum: die einzelnen Elemente sollen sich übereinander schiebende Eisschollen darstellen ...



Uih, sind wir schon weit!





Die Tromsøkirche .... sieht auf dem Plakat schöner aus als in Natura ...



Die Tage macht das Radrennen „Arctic Race“ hier Station. Ich übe schon mal für den Zieleinlauf ...



Optisch könnte durchaus noch was getan werden im Zentrum. Manche Häuser können mit dem Anspruch nicht ganz mithalten. Im Bäckerladen komme ich mit der Verkäuferin ins Gespräch, sie ist Schweizerin und lebt seit zweieinhalb Jahren hier. Sie liebt das Land, das Klima, die Jahreszeiten, vor allem den Winter mit seinen Polarlichtern. Sie erzählt, dass die Wohnungssituation sehr angespannt ist. Jedes Jahr ziehen rund 2.000 Menschen zu. Das Wohnungsangebot kommt kaum hinterher. Zum Wetter meint sie, dass es dieses Jahr einen kalten Sommer hat. So viel Schnee auf den Bergen rundherum ist nicht der Normalfall, eigentlich wäre der jetzt komplett weg. Allerdings war der letzte Winter auch sehr schneereich, die höchste Schneehöhe des Winters wurde erst Anfang April gemessen.

Wahrzeichen der Stadt ist die Eismeerkathedrale. 50 NOK (ca. 5,50 €) Eintritt sind uns doch etwas happig für das eigentlich kleine Gebäude. Im Trubel rutsche ich irgendwie so rein und mache halt rasch ein Foto.

Die Architektur ist an die Holzgestelle an denen der Stockfisch getrocknet wird angelehnt. Die unsymmetrische Dachlinie steht für eine Gletscherspalte, die Glasflächen zwischen den einzelnen Elementen für Polarlicht und Mitternachtssonne.





1965 wurde die Eismeerkathedrale erbaut. In den ersten sieben Jahren waren beide Enden komplett verglast. Die Besucher saßen mit Sonnenbrillen in der Kirche, so sehr hat das viele Licht geblendet. 1972 wurde von einem Künstler Europas größtes Mosaikfenster gestaltet – jetzt kamen die Gläubigen endlich ohne Sonnenbrillen aus. Die Änderung hat den einstigen Arichitekten jedoch so sehr geärgert, dass er die Kirche nie mehr betreten hat.



















Die Schneefräse wird bei vielen schon garnicht mehr hinters Haus gestellt ...



Vormittags starten wir bei schönem Wetter zum Rundgang. Aber schon bis Mittag zieht sich der Himmel wieder zu. Wir bringen Walli zurück zum Bussi und machen uns nochmal mit den Fahrrädern auf. Erst noch bei etwas Sonne, die wieder ein wenig hervorkommt. Als wir auf unserer Tour über Tromsøya am weitesten von unserem rollenden Zuhause entfernt sind, fängt es doch glatt an zu regnen. Zum ersten Mal in fünf Wochen Skandinavien, davon vier in Norwegen, werden wir wirklich nass. Eigentlich eine gute Bilanz.

Von Tromsø aus soll es nun entlang der Lyngenalpen und über Alta rasch zum Nordkap gehen.




Gesamtfahrstrecke bisher 5.534 Kilometer.